Unser Redebeitrag beim Klimastreik am 1. März

Unser Redebeitrag auf dem Klimastreik am 1. März 2024.

In den letzten drei Jahren wurde im Brandenburgischen Grünheide in der Nähe von Berlin eine Waldfläche von rund 300 Hektar gerodet. Weitere 100 Hektar sollen demnächst folgen. Das entspricht einer Gesamtfläche von mehr als 570 Fußballfeldern. Grund für den Kahlschlag war die Errichtung einer Fabrik, in der seitdem unter prekären Arbeitsbedingungen Elektro SUVs produziert werden. Die Rede ist von der Tesla Giga Factory. Sie sorgt nicht nur für die Rodung und Versiegelung riesiger Naturflächen, nein: Das Werk verbraucht so viel Grundwasser, dass die Bewohner:innen der, ohnehin schon viel zu trockenen Region, heute Angst um ihre Wasserversorgung haben müssen.

Ich frage euch: Ist das unsere Vorstellung von einer sozial- und klimagerechten Mobilitätswende? Tonnenschwere Elektro-SUVs, die von ausgebeuteten Arbeiter:innen zu Lasten unserer Umwelt produziert werden und die ohnehin nur für einen winzigen Teil unserer Bevölkerung erschwinglich sind? Nein! Tesla ist der beste Beweis dafür, dass grüngewaschener Turbo-Kapitalismus nicht die Lösung ist!

Doch so viel Unrecht und Zerstörung bleibt nicht ohne Widerstand: Gestern wurde der Wald, der für die geplante Werkserweiterung als nächstes zerstört werden soll, von Aktivist:innen besetzt!
Wir senden heute solidarische Grüße von Mainz nach Berlin!
Gemeinsam sagen wir: Stoppt Tesla!

Doch auch hier in Mainz treibt die verschleppte Mobiwende die Menschen immer wieder auf die Straßen. Und nicht nur auf die Straßen: Vor einem Jahr gingen wir gemeinsam auf die Autobahn!
Die A643, die quer durch den geschützten Mainzer Sand verläuft und die A60, die südlich von Mainz den Lennebergwald kreuzt sind nur zwei von über 100 Autobahnen, die Bundesverkehrsminister Wissing und seine Freidrehpartei gerne im Deutschlandtempo verbreitern würden. Mit unserem Protest haben wir letztes Jahr den Verkehr auf der vierspurigen A643 für mehrere Stunden zum Erliegen gebracht. An diesem Tag haben wir unmissverständlich klargestellt: Einen Ausbau der Mainzer Autobahnen im Mainzer Sand oder im Lennebergwald wird es mit uns nicht geben!

Aber nicht nur Volker Wissing ist schnell, wenn es darum geht, lästige Baumbestände für Bauvorhaben aus dem letzten Jahrhundert aus Weg zu räumen: Auch die Mainzer Stadtverwaltung setzt ihre Pläne am liebsten mit der Kettensäge durch. Und das nicht selten gegen den Willen der Mainzer Bürger:innen. So sollen etwa für den Umbau der Mombacher Straße rund 30 alte Bäume aus dem Weg geräumt werden.

Dass diese Planung komplett aus der Zeit gefallen ist, haben die Anwohnenden der Mombacher Straße eindrucksvoll bewiesen:
Um ihre Bäume zu retten, haben sie kurzerhand eine eigene Bauplanung vorgelegt. Sie ließen dabei dem Fuß-, Rad- und Autoverkehr gleichermaßen viel Raum zukommen, bewahrten aber ebenso viel Platz für Bäume und Grünflächen – und das, ohne dass dabei auch nur ein einziger Baum gefällt werden müsste. Die Mombacher Bürgerinitiative zeigte der Stadt Mainz, wie Verkehrsplanung im Jahr 2024 aussehen muss: Eine Planung, bei der nicht das Auto, sondern der Mensch im Mittelpunkt steht.

Und, für Mainzer Verhältnisse geradezu revolutionär, eine Planung, die dem Radverkehr ebenso viel Raum einräumt wie dem Autoverkehr. Ja, Mainzer Stadtverwaltung – das geht! Für Mainzer Radfahrer:innen klingt das geradezu utopisch. Denn wer schon heute davon träumt, einmal sicher mit dem Rad durch die Mainzer Innenstadt zu fahren, der muss leider bis zum 1. Freitag im Monat warten und sich der Critical Mass anschließen.

Unser Appell an die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung – konkret Baudezernentin Marianne Grosse und Oberbürgermeister Nino Haase – lautet daher: Verwerfen sie die alten Pläne und setzen sie das Konzept der Anwohner:innen um! Machen sie die Mombacher Straße zu einem Leuchtturmprojekt für eine zeitgemäße Stadtplanung und eine gelebte Mobilitätswende!

Für die Bäume an der Mombacher Straße besteht also noch Hoffnung. Die Anwohnenden der Finther Grundschule hatten hingegen weniger Glück: Aller Proteste zum Trotz wurden dort erst kürzlich viele alte Bäume für die Errichtung eines neuen Schulgebäudes gefällt. Weitere sollen schon kommenden Herbst der Säge zum Opfer fallen. Die BI und unabhängige Architekt:innen sind sich einig: Durch eine Umplanung hätte der Großteil der Bäume erhalten werden können. Viele hundert Menschen folgten unserem Aufruf und schickten in den vergangenen Wochen Mails an Marianne Grosse und Nino Haase und forderten sie auf, die Rodung zu stoppen und die Bäume zu retten. Eine Reaktion blieb aus.

Gleiches Spiel an der Mombacher Lemmchenschule: Die zumindest vorübergehende Rettung von über hundert Bäumen, die im Rahmen einer Baumaßnahme leichtfertig von der Landkarte radiert werden sollten, ist allein dem Protest einer engagierten Bürgerinitiative zu verdanken. Und auch aus der Oberstadt erreichten uns in den letzten Monaten immer wieder Hilferufe von Menschen, die mitansehen mussten, wie ohne Vorwarnung gesunde alte Bäume vor ihrer Haustür gefällt und geschreddert wurden.

Egal, wo in Mainz Mensch hinschaut – überall das gleiche Bild: Bäume, Sträucher und Grünflächen werden bei der Planung von Straßen und anderen Bauvorhaben schlichtweg ignoriert und viel zu leichtfertig zur Rodung und Versiegelung frei gegeben.
Aber wie kann das sein?

Wie kann es sein, dass – inmitten der Klimakrise – die Verantwortlichen in der Mainzer Stadtverwaltung schützenswerte Bäume immer wieder leichtfertig zur Rodung freigeben?
Wie kann es sein, dass sich immer erst eine Bürgerinitiative gründen muss, um eine zeitgemäße Stadtplanung mühsam zu erkämpfen?
Wie kann es sein, dass immer wieder gleichen Unternehmen mit der Umsetzung öffentlicher Bauvorhaben beauftragt werden und diese immer wieder die gleichen, unzeitgemäßen Planungen umsetzen?
Ich frage sie, Frau Grosse und sie Herrn Haase: Wie lange können wir es uns noch leisten, unsere Städte zuzupflastern und darin alles Lebendige im Keim zu ersticken? Wie lange noch, kann eine Stadt ein lebenswerter Raum sein, die sich im Sommer aufheizt wie ein Backofen?

Wir sagen: Schluss mit der Versiegelung – wir brauchen Wald statt Asphalt!

Heute ist der 1. März. Für viele von uns ist heute ein ganz besonderer Tag, denn heute beginnt die Brutzeit und in den nächsten 7 Monaten dürfen keine weiteren Bäume gefällt werden. Weder für Autobahnen noch für Fabriken – noch für fehlgeleitete Stadtplanungen. Aber die nächste Rodungssaison kommt bald also lasst uns die Zeit nutzen, uns zu vernetzen und zu organisieren. Jetzt ist die Zeit, aktiv zu werden! Also unterstützt die Bürgerinitiativen, die sich für eine nachhaltige Stadtplanung einsetzen. Unterschreibt ihre Petitionen. Bildet Banden. Engagiert euch in lokalen Umweltgruppen oder macht mit beim Kolibri-Kollektiv. Wenn ihr Lust habt, euch gemeinsam mit uns gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen einzusetzen, dann kommt am Sonntag, dem 10.3. um 15 Uhr in den Infoladen Ella Janecek in die Zanggasse und lernt uns kennen! Wir freuen uns auf euch!

Aber egal wie und wo – egal ob auf der Straße, auf den Bäumen, mit Demos, Streiks oder Petitionen: Wir alle kämpfen gemeinsam für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen, für eine echte, sozial- und klimagerechte Mobilitätswende und für eine lebenswerte Zukunft für alle.