Vielfältige Protestaktionen zum Auftakt des Deutschen Fleischkongresses. Kritik an Mainzer Stadtverwaltung wird immer lauter.
Am 26.11.24 tagte der Deutsche Fleischkongress zum vierten Mal in Mainz. Trotz immer größer werdendener Proteste und trotz der bisher rund 28.000 gesammelten Unterschriften gegen die Veranstaltung und obwohl die desaströsen Auswirkungen der Fleischindustrie für Menschen, Tiere, Umwelt und Klima längst hinreichend bekannt sind, hatte die Stadt Mainz der Fleischindustrie erneut die Rheingoldhalle zur Verfügung gestellt – und, wie sich bald herausstellte, noch weit mehr als das.
Bereits ab 7:30 Uhr versammelten sich die ersten Tierrechtsaktivist*innen von ARIWA vor der Rheingoldhalle und trugen, teilweise im strömenden Regen, ihren Protest auf die Straße. Bereits kurz danach startete das Mainzer Bündnis gegen den Fleischkongress seine erste Aktion: Kletteraktivist*innen hängten ein rund 10 m breites Banner mit der Aufschrift „Tiere fühlen, Tiere leiden, Fleischkongress aus Mainz vertreiben!“ vor der Rheingoldhalle auf und machten ihre Botschaft damit unübersehbar: Der Deutsche Fleischkongress und die Profiteur*innen dieser Industrie sind in Mainz nicht willkommen. Zahlreiche vorbeifahrende Autofahrer*innen solidarisierten sich hupend mit den Protesten.
Im Verlauf des Tages wurde der Protest mit vielfältigen Aktionen in die Innenstadt getragen. Das Mainzer Bündnis hatte ab 17 Uhr zu einem Flashmob aufgerufen. Dort tanzten Menschen als Tiere verkleidet zu „Staying Alive“ und fielen danach wie tot zu Boden – sinnbildlich für den Tod von Millionen gequälter Lebewesen in der Fleischindustrie.
Weg zum „Winter-BBQ“ wird zum Spießrutenlauf
Gegen 18 Uhr versammelte sich der Protest erneut vor der Rheingoldhalle. Doch nicht wie angekündigt hinter sondern vor der Rheingoldhalle auf Höhe der Rheinstraße. Es ging das Gerücht um, dass das Winter-BBQ in diesem Jahr erstmals in einer externen Location stattfinden sollte. Dafür müssten die Kongressteilnehmenden, die sich in den Vorjahren in der Reingoldhalle regelrecht verschanzt hatten und jeglichen Kontakt zu den Protestierenden vermieden, die Halle jedoch verlassen.
Und so kam es auch. Gegen 18:40 Uhr verließen die Gäste des Fleischkongresses die Rheingoldhalle und liefen sie den Protestierenden gerade zu in die Hände, die sie mit wütenden Rufen empfingen. „Fleischkongress, raus aus Mainz!“, „Es gibt kein Recht auf Tierquälerei!“. Kurz darauf wurde eine weitere Versammlung vorm Hilton-Hotel angemeldet wo die „Fleischos“ nach und nach in Shuttlebussen abtransportiert wurden. Die Kongressbesucher*innen kamen niemals zur Ruhe. Für sie wurde der Gang zum Spießrutenlauf. Oder wie Die Zeit berichtete, es wirkte, als seien die Fleischleute mit ihren Bussen aus der Stadt geflüchtet (siehe auch Pressespiegel).
Die „Flucht“ endete schließlich auf dem Hofgut Laubenheimer Höhe, weit außerhalb der Stadt, wo die Fleischeslust der Kongressteilnehmenden schließlich gestillt wurde.
Kritik an Mainzer Stadtverwaltung wird immer lauter
Die Proteste richteten sich nicht nur gegen die Vertreter*innen der Fleischindustrie, die sich erneut in der Rheingoldhalle versammelten und darüber berieten wie sich der Fleischabsatz in Deutschland weiter steigern lässt, obwohl dessen verheerende Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Umwelt und Klima längst allen bekannt sind. Sie richtete sich auch gegen die Stadt Mainz, die diesem umstrittenen Branchentreffen, aller Proteste zum Trotz bereits zum vierten mal eine Bühne bot. Und mehr noch: Die Shuttlebusse, die die Kongressteilnehmenden nach Laubenheim transportierten, wurden offenbar von den Mainzer Verkehrsbetrieben bereitgestellt.
Bisher hatte hatten Oberbürgermeister Haase und Wirtschaftsdezernentin Matz angegeben, auf Grund des sogenannten „Kontrahierungszwangs“ keine andere Wahl zu haben, als dem Fleischkongress die Rheingoldhalle zur Verfügung zu stellen (siehe auch „Nino Haase legitimiert Tierleid in Stadtratsitzung„). Aber offensichtlich kooperiert die Stadt Mainz noch auf ganz anderen Ebenen mit dem Kongress – und das sehr bereitwillig. Es wirkt geradezu, als ob der Deutsche Fleischkongress von der Mainzer Stadtverwaltung nicht nur geduldet sondern regelrecht hofiert wird. In diversen Interviews hatte Matz bereits angegeben, dass sich mit der Veranstaltung gutes Geld verdienen lässt.
Die Mainzer Stadtpolizei wiederum, die angemeldete Proteste eigentlich schützen sollte, schien an diesem Tag nur zum Schutz der Kongressteilnehmenden abgestellt worden zu sein. Ohne ersichtlichen Grund wurde etwa eine Fotojournalistin, die die Aktionen am Vormittag dokumentieren wollte von der Polizei in Gewahrsam genommen und durchsucht.
Elfriede Linde vom Mainzer Bündnis gegen den Fleischkongress findet dafür deutliche Worte: „Es ist eine Schande, wie sich die Stadt Mainz, die erst vor wenigen Jahren den Klimanotstand ausgerufen hat, an die Fleischindustrie verkauft. Schnell verdientes Geld ist Nino Haase offenbar wichtiger als Klimaschutz, Tierleid und der Wille der 28.000 Unterstützer*innen unserer Petition, die sich bis heute gegen den Kongress in Mainz ausgesprochen haben.“
Auch das Hofgut Laubenheimer Höhe wird nun zum Ziel der Kritik. „Die Betreibenden der Laubenheimer Höhe sollten sich schämen, dieses toxische Branchentreffen zu unterstützen. Wir rufen alle Mainzer*innen dazu auf, die Laubenheimer Höhe nicht mehr zu besuchen!“, so Frederick Rüssel vom Mainzer Bündnis. „Zum Glück bieten Plattformen wie Google und Tripadvisor die Möglichkeit ihnen öffentlich mitzuteilen, was wir davon halten, dass sie sich am Leid der Tiere und auf Kosten unserer Umwelt bereichern.“
20. Fleischkongress erneut in Mainz: Bündnis kündigt größeren Protest an
Noch vor Ende des 1. Kongresstages wurde über die offzielle Website bekannt gegeben, dass auch der nächste Fleischkongress ab dem 25.11.2025 erneut in der Mainzer Rheingoldhalle stattfinden soll. Elfriede Linde vom Mainzer Bündnis hat dafür kein Verständnis: „Es kann nicht sein, dass die Stadt Mainz aus reiner Profitgier gegen den Willen der Bürger*innen mehrjährige Verträge mit der Fleischindustrie abschließt. Wir fordern Nino Haase und die Mainzer Stadtverwaltung erneut dazu auf, sich für unsere Umwelt, für unser Klima und gegen Qual und Tod von Millionen fühlender Lebewesen auszusprechen und die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fleischkongress für immer zu beenden. Andernfalls wird unser Protest weiter an Wucht zunehmen“.